Reisetagebuch

06.09.2017

 

Das Baltikum. So nah und doch so fern. Mit dem Auto durch Polen sind es wenige Stunden, bis man Litauen erreicht. Es folgen in kurzen Abständen Lettland und Estland. Drei Länder der Europäischen Union, in denen man mit Euro bezahlt, in denen das Benzin nur geringfügig weniger kostet, als in Deutschland. Eine Region zwischen Ostsee und EU-Außengrenze zu Russland, die jede Reise wert ist.

 

Heute verlassen wir das Baltikum und sind nun wieder in Polen, wo unsere Reise südwärts weiterstrebt. Woran werde ich mich zurückerinnern? Was bleibt von den baltischen Ländern, Städten und Menschen?

 

Der Blick aus dem Wagenfenster während der Fahrt sah flache, weite, oft menschenleere Landschaften. Er sah kleine, oft farbenfrohe und holzverkleidete Häuser, in denen freundliche aber zurückhaltende Menschen leben. Viele dieser Häuser stehen auf dem Land in Alleinlage. Nun wissen wir, dass fast jeder Weg abseits der Straße zu einem Grundstück führt. An den meisten dieser Wege hängen wettergezeichnete Briefkästen an windschiefen Holzpfählen. Die Dörfer sind klein. Eine Laden und eine Bushaltestelle gibt es aber immer.

 

In den Städten erblickten wir bekannte Gebilde. Die Mehrheit der Menschen hier lebt in den Hauptstädten Tallinn, Riga, Vilnius. Diese Städte besitzen alles, was andere europäische Städte auch haben. Ihren Charme lassen sie dort erstrahlen, wo Altstädte Krieg und Sowjetzeit überlebt haben. Besonders Tallinn mit seinem Studentenviertel, seiner nahezu intakten Altstadtkulisse und seinen unfertigen Uferpromenaden hat mir außerordentlich gut gefallen.

 

Das Baltikum bleibt für mich mit Wasser verbunden. Einerseits die einladenden Strände der Ostsee, die uns vor allem in Lettland und Estland begeistert haben und andererseits die vielen, vielen Seen, Teiche und Moore im Landesinneren.

 

Fast ausschließlich haben wir uns an den Stränden und Ufern wohlgefühlt und dort auch einen geeigneten Platz zum übernachten gefunden.

 

Es mag für den ersten Moment seltsam erscheinen, doch es werden mir auch die Frauen des Baltikums besonders in Erinnerung bleiben. Die weiblichen Bewohner dieses Teils von Europa prägen dessen öffentliches Bild sichtbar deutlicher als deren männliche Mitmenschen. Man sieht Frauen auf den Weiden bei den Kühen und Pferden. Man trifft sie bei der Landarbeit oder in ihren prächtigen Blumen- und Gemüsegärten. Sie begegnen einem hinterm Steuer ihrer Fahrzeuge, auf der Straße mit ihren Kindern, in Geschäften, öffentlichen Einrichtungen, an den Wartehäuschen der Bushaltestellen, in Museen und überhaupt überall. Statistisch gesehen, gibt es im Baltikum mehr Frauen als Männer, was aber gegenüber anderen Regionen noch nichts Besonderes ist. Nur hier fiel es uns deutlich auf.

 

Zuletzt noch ein paar Worte zur Natur. Es bleibt der Eindruck, als sei der Wald hier sauberer als anderswo, als würde an den Stränden weniger Müll herumliegen und als wären sich die Menschen hier der Besonderheit ihrer Natur sehr bewusst. Allerdings schützt man die Natur hier nicht, indem man sie wegsperrt. Nein, man öffnet sie geradezu und erlaubt es, dass sich jeder und jede in den Wäldern, zwischen den Feldern, auf den Wiesen und an den Ufern frei bewegen kann. Ein ungezwungener Umgang, der vermittelt, dass die Natur allen gehört, jeder sie nutzen darf aber auch jeder auf sie Acht geben sollte.

 

Das Baltikum war ein gut gewählter Einstieg für unsere Reise. Hier konnten wir zur Ruhe kommen und die Stille genießen. Nun geht es weiter!

 


- Interview in der MZ -

Herr Wagener von der Lokalredaktion der MZ Hettstedt/Eisleben hat einen schönen Artikel über unsere Tour geschrieben. Gestern war er in der Printausgabe zu lesen und ab heute nun auch online:

 

http://www.mz-web.de/hettstedt/auszeit-fuer-ein-jahr-paar-aus-quenstedt-tourt-mit-altem-feuerwehrauto-durch-osteuropa-28362412


04.09.2017

 

Der Plan nach Vilnius zu fahren begann eigentlich ganz harmlos.

 

Mein Büchernachschub wurde immer weniger. Über eine Estnische Buchhandlung Bücher zu bestellen, stellte sich als zu kompliziert heraus. Also schicken lassen. Unser Lieblingsbücherdealer macht das für nur 5 Euro Porto auch in die baltischen Staaten. Wenn man wie wir keine Adresse hat, kann man an das Hauptpostamt postlagernd versenden lassen.

Die Anschrift lautet dann beispielsweise :

 

Christin Harre

ACP Vilnius

Poste restante (für Postlagernd)

Gedimino pr. 7

10100 Vilnius

 

Dort werden die Päckchen dann 4 Wochen aufbewart. Wir hatten noch ein paar Leckerein für die Hunde bestellt, aber da wurde uns schon per Mail über die Sendungsverfolgung mitgeteilt, dass das Paket zwar nach Litauen, aber nicht ins Postamt geliefert werden konnte. Warum? Weiß man nich.

 

Von unseren Büchern erfuren wir nichts. Umso größer war die Spannung.

 

Nach etwas chaotischer Parkplatzsuche, da wir irgendwie ausversehen doch mitten im Zentrum gelandet waren, gings zu Fuss über den Burgberg zum Hauptpostamt.

 

Auf einem Bildschirm muss man auswählen, welches Anliegen man hat, dann bekommt man einen Zettel mit einer Nummer ausgedruckt. Zügig gings voran. Die ältere Dame am Schalter war kurz überfordert, als wir sie auf Englisch ansprachen und nach einem Paket fragten, aber weder Tracking-ID noch Adresse hatten. Aber mit dem Zauberwort „Poste restante“ hielten wir wenige Sekunden später unsere Bücherpäckchen in den Händen. Und freuten uns alle drei lachend darüber, dass wir uns doch irgendwie verstanden haben.

 

Nach einem Abstecher ins Universitätsviertel gings zurück zur Olga. Jetzt wollten wir eigentlich nur noch einkaufen und danach ein gemütliches Plätzchen im Wald suchen.

 

Aber als wir es endlich geschafft hatten, in die richtige Richtung auf die Hochstraße zu fahren stotterte plötzlich der Motor. Und ging aus. Tank leer. Scheiße.

 Glücklicherweise kam gerade eine Abfahrt, die man von einer Hochstraße ja herunterrollen kann. Naja und dann standen wir irgendwie halb im Weg zwischen schicken Hochhäusern und kramten den Ersatzkanister hervor. Gedacht für lange einsame Strecken ohne Tankmöglichkeit in den tiefen Wäldern des Baltikums rettete er uns in der Hauptstadt Litauens! An der Tankstellendichte lag es nicht, davon gibt es hier wirklich genug. Aber Olga hat keine „Tank leer -Warnleuchte“ und die Anzeige ist etwas ungenau. Wissen wir jetzt.

 

Also 10 Liter umfüllen und 500m weiter zur nächsten Tanke fahren. Noch kurz verfahren, in Sackgassen stecken bleiben, wieder herausfinden, Hauptstadtstraßenchaos eben.

 Naja, wir habens geschafft, es war auch wirklich nur der leere Tank. Der ist jetzt wieder voll und Olga läuft.

 So aufregend war dieser Tag garnicht geplant ;)

 

30.08.2017

 

Immer wieder werden wir gefragt, was wir eigentlich essen.

 

Also eigentlich essen wir wie immer. Möglichst saisonal-regionale Produkte, kein Fleisch, viel Salat. Wenn wir am Meer sind, dann auch frisch geräucherten Fisch. Wir kochen, wie bisher auch, einmal am Tag. Irgendwie scheint das schwer vorstellbar zu sein, wie das in der Olga funktioniert, ohne Herd, ohne Kühlschrank, ohne Tiefkühltruhe. Aber es ist wirklich ganz einfach. Wir gehen ein- bis zweimal pro Woche einkaufen, nutzen aber gern zusätzlich Straßenstände, an denen Obst und Gemüse direkt aus dem Garten verkauft wird. Oder sammeln Pilze und Beeren im Wald.

 

Gekocht wird mit dem Trangia Spirituskocher. Ein Liter Brennspiritus reicht 3-4 Wochen und kostet circa 1 Euro. Das Teilchen ist superleicht, gut zu verstauen und kocht bei windstillem Wetter und mit gutem Brennspiritus so schnell wie unser E-Herd. Passt aber nur ein Topf oder eine Pfanne drauf, daher dauert das Kochen insgesamt ein bisschen länger. Aber wir haben ja Zeit.

 

Bei Regen oder eben Wind kochen wir in der Olga, sonst natürlich draußen.

 

Ein paar Beweisbilder zeigen:

Kartoffeln mit Pfifferlingen und Gemüseschnitzel

Bunter Gemüsesalat

Eierkuchen mit heißen Kirschen und „Zimtzucker“

Bunter Obstsalat

Kartoffeln mit Brokkoli, mit Räucherkäse überbacken

Gemüsesalat mit Feta, Rote Beete – Schnitzel und Baguette

Pfifferlingspinatsoße (mit Nudeln – aber das Bild war unscharf)

Gebackener Fetakäse

Couscousgemüsesalat mit Kräuterfladenbrot und Frischkäse

 

Und natürlich unseren heißgeliebter Trangiakocher.

 

27.08.2017

 

Seit genau sieben Wochen oder 49 Tagen sind wir nun unterwegs. Sind in Deutschland zunächst Richtung Ostsee gefahren, haben bei Swinemünde die Grenze zu Polen überfahren und sind dann, mit einem Schlenker durch die Masuren, meist an der Ostseeküste entlang gefahren. Während dieser ganze Zeit haben wir bis heute knapp 4000 Kilometer durch Polen, Litauen, Lettland und Estland zurückgelegt.

 

Die überfülltesten Strände gab es in Polen, in Litauen gab es die meisten Regeln am Strand, am breitesten waren die Strände in Lettland und hier in in Estland ist am wenigstens los an den Stränden.

 

Nachdem wir in Tallinn waren, haben wir eine Nacht auf einem kostenfreien Strandparkplatz verbracht, der sich noch im Speckgürtel der Hauptstadt befand und in dessen direkter Umgebung kräftig an den Villen der Reichen und, wie man so sagt, Schönen gebaut wurde.

 

Dann durchquerten wir den Laheemaa-Nationalpark. Doch in einem Land, in dem einem der Wald überall so begegnet, als befände man sich in einem Nationalpark, fällt es dann kaum auf, wenn man sich wirklich mal in einem befindet.

 

An den Wegesrändern, wie so oft, einzeln parkende Fahrzeuge, deren Besitzer durch die lichten Kiefernwälder streifen, um Blaubeeren oder Pilze zu sammeln. Auch wird sind schon fündig geworden und haben unsere Beute gleich verspeist.

 

Kurz nachdem wir den Nationalpark schon wieder verlassen haben, finden wir einen idealen Nachtplatz, wieder direkt am Strand, wieder nur für uns ganz allein. Draußen regnet es und wir schauen von innen auf das Wellen schlagende Meer.

 

Am nächsten Tag waten wir nach dem Frühstück bei Regen durch das kniehohe Ostseewasser und dann wollen wir bis kurz vor Narva. Das war gestern und wie so oft, haftet den Grenzregionen etwas karges und wenig einladendes an. Hier wirkt vieles verlassen und schlicht. Mietskasernen aus Plattenbauten mehren sich und stehen abgewohnt vor dem Grau des Meeres und des Himmels bei diesem Regenwetter. Am Ende einer Straße, auf das kein Schild hinweist, stehen wir oberhalb eines riesigen Industriekomplexes mit Hafen. Der Frachthafen in der EU, der am nächsten an der russischen Grenze liegt. Hier werden aus Öl Kunststoffe hergestellt und Metalle verarbeitet. Nicht weit entfernt ragen die Schlote eines riesigen Kohlekraftwerkes in den Himmel.

 

Die Küste ist hier steil. Über Nacht stehen wir oben an der Kante und bevor wir nach Narva reinfahren, spazieren wir unten stundenlang am schmalen Strand direkt neben den steilen Hängen. Alle vier Hunde laufen frei, zum baden ist es leider etwas zu kalt. Momentan sind es hier tagsüber um die 15 Grad.

 

Die Sonne scheint kurz, also schleppe ich das Solarmodul noch schnell auf unser Dach. Dabei werde ich durch vier junge Frauen in Uniform unterbrochen, die auf der Straße an uns vorbeimarschieren und fröhlich winken. In der Nähe ist wohl eine Kaserne. Es folgen ihnen noch etliche weitere solcher Viererkolonnen.

 

Und dann Narva, die nördlichste Stadt Estlands. Nur durch den gleichnamigen Fluss von der russischen Stadt getrennt. Die einizige Brücke ist gleichzeitig der Grenzübergang. Hier endet die EU. Wer weiter in den Norden will und Russland besuchen, der braucht ein Visum.

 

Und irgendwie ist dieses triste Narva dann auch nur eine halbe Stadt. Sie wirkt unfertig, verbraucht, düster. Da während des Krieges vollständig zerstört, fehlt ihr komplett ein historischer Stadtkern. Die ältesten Bauwerke stammen von den Sowjets und sehen auch heute noch so aus. Die Stadt ist nicht vorhersehbar, denn sie besitzt keinen Mittelpunkt und kein florierendes Zentrum.

 

Am Fluss stehen sich zwei riesige Festungen aus dem Mittelalter gegenüber. Eine verrückte Kulisse, die verdeutlicht, dass es die Menschheit von damals bis heute nicht gelernt hat, ohne Grenzen zu leben, ohne sich abzuschotten, ohne den anderen zum Feind zu erklären.

 

An dieser Stelle kehren wir um. Nicht nur für heute, sondern zum ersten Mal auf unserer Reise. Nun führt uns der Weg durch das innere der baltischen Ländern nach Polen zurück, bevor wir dann durch die Slowakei, Ungarn und Rumänien das Schwarze Meer erreichen wollen.

 

Für die erste Nach nach Narva, finden wir einen der vielen kostenfreien Waldparkplätze der estnischen Forstbehörde RMK am Peipussee. Auch durch diesen See verläuft die unsichtbare Grenze zwischen der EU und Russland. Er ist so groß, dass sein gegenüberliegendes Ufer nicht zu erkennen ist. Am Ufer Sandstrände und Kiefernwälder. Man könnte glauben, wieder an der Ostsee zu sein.

 

23.08.2017

 

Tallinn. Eines meiner Sehnsuchtsziele dieser Reise. Ob wir es wohl bis dahin schaffen werden?

 

Und nun sind wir da, 3500km später. Ein bisschen kälter ist es in den letzten Tagen geworden, der Sommer endet eher hier im Norden.

 

Nach Danzig, Klaipeda und Riga haben wir keine Lust auf die klassische „Altstadt mit Kirchen“-Städtetour. Und wieder einmal greift mein Lieblingssatz: If you always do what you always did, you will always get what you always got. Also ein anderes Herangehen für ein anderes Ergebnis! Wir haben uns statt der Altstadt das Studentenviertel als unseren Ausgangspunkt ausgesucht. Süße Holzhäuser sind hier die klassischen Altbauten. Farbenfroh gestrichen, mit Schnitzereien verziert und immer mit einem kleinen Vordach über der Haustür, machen diese Häuschen gleich gute Laune. Von dort sind wir mehr oder weniger zufällig am Hafen gelandet, haben alte Grenzschutzschiffe und neue Kreuzfahrtschiffe betrachtet. Leider war die ehemalige Festung „Patarei“, die auch eine gewisse Zeit als Gefängnis gedient hat, derzeit verschlossen und verlassen. Wünschenswert wäre, wenn sich für dieses beeindruckende Gelände eine schöne Nutzungsmöglichkeit fände. Dass durchaus ein Interesse an effektiven Lösungen besteht, zeigt das umliegende Ufergelände. Obwohl in Privatbesitz, erwirkten Anwohner und die Stadt das Recht, dieses Gelände nach einer gemeinsamen Müllbeseitigungsaktion tagsüber öffentlich zugänglich zu machen. So kann man jetzt vom Hafen über den Fischmarkt bis zur Linnahall an der Ostsee entlang laufen. Diese ehemalige Konzerthalle haben wir zuerst für eine militärische U-Boot-Bunkeranlage gehalten. Der massige, eher breite als hohe Betonklotz passt nicht zum derzeitigen Verständnis von ansprechender Architektur. Und das war jetzt bemüht wertschätzend ausgedrückt. Aber dieses Gebäude darf man begehen, das Dach bietet eine Plattform mit gutem Ausblick über die Ostseeküste und auf die Altstadt und Innenstadt von Tallinn. Und zu unserer Überraschung soll der unter den Sowjets erbaute Saal, der einst rund 5500 Konzertbesucher fasste, 2020 wieder als Konzertsaal eröffnet werden.

 

Einen kleinen Abstecher in die Innenstadt gab es natürlich trotzdem. Aber diesmal haben wir eher die verwinkelten kleinen Gassen erlaufen. Zufällig kamen wir an der Freilichtbühne des Theaters vorbei, die sich unauffällig im Innenhof der Altbauten versteckt. Sehr niedlich waren die Installationen des „Blütenfestivals“. Charmante Gartenarrangements wurden im Park um den Bahnhof angepflanzt. Statt großen roten Kugeln auf englischem Rasen, wurden hier unter anderem alte Bettgestelle und Holzfensterrahmen mit bunt blühenden Blumenmischungen umgeben.

 

Auf dem Rückweg kamen wir an der Markthalle vorbei. Diese Gelegenheit können wir uns nie entgehen lassen. Mit frischem Fisch, Obst und Gemüse versorgt ging es dann zurück zur Olga.

 

Das Milchen war die perfekte Begleiterin für diese Stadttour, hat sie uns doch immer wieder daran erinnert, die klassischen dicht gefüllten Touristenstraßen zu meiden und uns lieber den mindestens genauso spannenden Alternativen zu widmen.

 

22.08.2017

 

Kloosteri Padise steht auf einem dieser braunen Schilder. Braune Schilder sollen Hinweise auf Interessantes geben. Leider werden alle braunen Schilder im Baltikum von dem gleichen nichtssagenden Symbol geziert. Egal ob Kirche, Museum, Kloster oder Wasserfall.

 

Naja, ein Kloster interessiert mich eigentlich nicht. Aber wenns halt gerade auf dem Weg liegt.

 

Dieses ehemalige Kloster war dann aber doch sehr spannend. Die Mauern des gothischen Baus sind teilweise durch neu errichtete Dächer vor der Witterung geschützt und mit Holztreppen versehen. Kostenlos und ohne Einschränkungen sind die Klosterreste zum Erkunden zugänglich. Teilweise sind ganze Räume erhalten. Die Gewölbe aus Bruchsteinen sind immer wieder beeindruckend, egal wie oft ich schon zu diesen Decken hinaufgesehen habe. Da man in dieser Ruine auch die oberen Stockwerke und den Turm begehen kann, bekommen wir ein völlig neue Perspektive. Was im Obergeschoss wie ein wahlloser Haufen Steine auf dem Boden aussieht, ergibt von unten betrachtet eine Gewölbedecke, ein Meisterwerk der Baukunst!

 

Wir sind unendlich dankbar dafür, dass man in Estland solche Einblicke und Erkenntnisse nicht durch völlig überzogene Sicherheitsvorkehrungen verhindert.

 

Und für die braunen Schilder, von denen wir uns gern immer wieder überraschen lassen.

 

21.08.2017

 

Seit dem 20. August sind wir am nordwestlichsten Punkt des estländischen Festlandes, dem Kap Pöösaspea. Ein wichtiger Wanderweg arktischer Wasservögel verläuft über diesen Punkt und lockt zu bestimmten Jahreszeiten begeisterte Vogelfreunde zu diesem herrlichen Fleckchen Erde.

 

In Sichtweite liegt die Insel Osmussaar und fast am Ende der schmalen Landzunge steht ein alter Leuchtturm, der aber noch aktiv sein Licht über das Meer schickt. Zusammen mit uns, den Hunden und unserer Olga ergibt das Ganze ein dankbares Ensemble als Motiv für einige besonders schicke Fotos. Wenn dazu, wie gestern Abend, ein gigantischer Sonnenuntergang den Himmel in unzählige Töne verschiedenster Farben zerlegt, nutzen wir diese Gelegenheit gerne und lassen dabei auch schon mal unser Abendessen kalt werden.

 

Gestern bestand unser Mahl erstmals auf unserer Reise aus vor Ort selbst gesammelten Pilzen. Obwohl keine wahren Pilzkundler, haben wir unsere Beute gut vertragen. Zuvor hatten wir bei unserer Ankunft ein deutsches Paar aus Mecklenburg-Vorpommern kennengelernt. Beide sind mit ihrem Kind drei Wochen auf Urlaub im Baltikum unterwegs und beneideten uns sowohl um die Dauer, als auch um das Gefährt unserer Reise. Währenddessen waren sie klassisch mit PKW unterwegs und schliefen in Ferienhäusern.

 

Viele flüchtige Reisebekanntschaften erzählen zwar auch, wie gern sie unterwegs seien und wie toll sie es finden, dass wir nun so lange reisen wollten. Doch die wenigsten können sich offenbar vorstellen, selbst eine solche Auszeit zu nehmen. Dabei zeigt nicht nur unsere Geschichte, dass es viele Möglichkeiten gibt, sich solche Träume zu erfüllen, unabhängig vom eigenen Alter, den familiäeren und beruflichen Verpflichtungen, welche meist als Gründe angeführt werden.

 

Und so gibt es für jeden Geschmack mindestens eine Art zu reisen. Wir sind mit unserer bisher absolut zufrieden, genießen den Augenblick und sind oft überwältigt davon, dass wir diese Freiheit erleben dürfen. (Weil wir sie uns genommen haben.) Was für ein Glück, dass wir beide auch unsere Reiselust und unsere Reisevorstellungen teilen.

 

 

 

Leben im Moment! Einfach mit einem guten Buch am Strand sitzen. Die Sonne scheint und wärmt. Der Wind weht leicht. Im Hintergrund lehnt das Solarmodul an einem Baumstamm und lädt seinen Akku auf. Ein paar Möwen picken in dem angeschwemmten Algenteppich. In der Ferne zieht ein Gewitter über die Insel und es grollen ein paar Donnerschläge herüber. Auf dem Wasser zieht ein Segelboot seine Kurven und sein gespanntes Segel leuchtet hell. Ich muss nicht an übermorgen denken, vielleicht gerade mal an den Menüplan für unser Abendessen. Mails ploppen unbemerkt ins Postfach. Ich lese sie später. Keine Termine. Keine Uhr am Handgelenk, die ich schon lange nicht mehr trage. Wenn ich Sammler bin, dann von guten Büchern und Momenten wie diesem.

 

19.08.2017

 

Bereits seit Mittwochabend sind wir nun in Estland, dem vierten Land auf unserer Reiseroute. Langsam wird uns bewusst, dass wir nun nicht mehr sehr lange an der Ostsee unterwegs sein werden. Über Tallinn reisen wir noch bis Narva an die russische Grenze und den Rückweg durch die baltischen Staaten haben wir bisher durch das Landesinnere geplant.

 

Also jetzt nochmal Ostsee pur! Die letzten Tage und Nächte haben wir an einem wunderschönen und wundervoll stillen Ort direkt am Wasser verbracht. Estlands Forstbehörde hat entlang der Küste und auch im Landesinneren immer wieder Plätze eingerichtet, an denen Holzbänke, Grillöfen und ein überaus freundliche Hinweisschilder zum Verweilen einladen.

 

Ganz allein standen wir dort nicht, doch in dieser dünn besiedelten und besuchten Gegend kann man sich wohl kaum gegenseitig auf die Füße treten. Hier ist Platz zum Wohlfühlen.

 

Das Meer ist hier bisher ruhig, die Strände abwechselnd sandig und steinig, die Wälder sauber.

 

Ganz in der Nähe blinkt nachts ein einsamer Leuchtturm, getreu dem Hinweis der Forstbehörde hören wir dem Vogelgezwitscher zu anstatt lauter Musik und überwuchert von Gestrüpp lagern ein paar alte Bootswracks am Strand. Auch hier an dieser unerwarteten Stelle, finden sich wieder deutsche Begriffe. Es ist doch erstaunlich, wo überall unsere Sprache ihre Spuren hinterlässt.

 

Nach einem kurzen Einkaufstop in Haapsalu (Getränke, Lebensmittel, Benzin, Trinkwasser) gleiten wir nun weiter an der Küste entlang. Einen kurzen, heftigen Regen haben heute auch schon erlebt. Das passiert uns am liebsten während der Fahrt oder des Schlafs in unserer Olga. So wird keiner nass aber die Olga sauber.

 

Das viel gepriesene „flächendeckende“ W-LAN-Netz haben wir bisher nicht entdeckt. Aber an den altbewährten Stellen (Tankstellen, Imbiss, Hotel, Einkaufsmarkt) werden wir meist fündig.

 

13.08.2017

Nach ein paar Pausentagen bei schwülwarmen Sommerwetter im Wald, besuchen wir heute den Landschaftspark in Tervete, ein großes Naturschutzgebiet mit Holzskulpturen, die Märchen - und Sagenfiguren darstellen. Neben 40m hohen und fast 300 Jahre alten Kiefern gibt es hier den höchsten Holzaussichtsturm Lettlands. Oder den höchsten Holzturm. Oder sogar des Baltikums? Wir haben es nicht ganz verstanden.

11.08.2017

 

Wir sind über eine Woche lang an der Ostseeküste durch Lettland gefahren und haben die dünn besiedelten Gegenden in Küstennähe mit ihrer Stille und Weite schätzen gelernt. Wir haben die Städte Liepaja und Ventspils gesehen, den ältesten funktionstüchtigen Leuchtturm des Landes und das Kap Kolka. Auf unseren Übernachtungsplätzen waren wir oft allein und wenn nicht, dann nur mit wenigen anderen Reisenden konfrontiert. Und wenn, dann trafen wir meist die Letten selbst oder andere deutsche Reisende mit ihren Wohnmobilen oder auch oft als Radwanderer mit Zelt.

 

Neben den Joghurtbechern (klassisch langweilige weiße Wohnmobile) trafen wir auf den Straßen und Plätzen allerdings auch mal andere „Düdos“ oder vergleichbare spannende Reisemobile. In Erinnerungen an unsere früheren Reisen schwelgen konnten wir, wenn neben uns manche in ihren Kleinbussen oder gar Hochdachkombis schliefen.

 

Schon gestern näherten wir uns Riga, schliefen die letzte Nacht erstaunlich ruhig bei Jurmala und begaben uns heute direkt in die größte Stadt des Baltikums. Zieht man in einem Radius von 30km einen Kreis um Riga, dann leben darin die Hälfte aller lettischen Einwohner. Kein Wunder, dass der Rest des Landes so schön leer ist.

 

Was es zu Rigas Sehenswürdigkeiten zu schreiben gäbe, kann alles an anderer Stelle nachgelesen werden. Für das Orgelkonzert im Mariendom war es für uns schon zu spät, denn dieses findet täglich 12 Uhr statt. Wir parkten zentral und mussten für drei Stunden auch eine zweistellige Parkgebühr blechen.

 

Am Parkplatz wieder zwei andere deutsche Wohnmobile, die wiederum von anderen deutschen Reisenden berichteten, welche auch wir schon an anderer Stelle getroffen hatten. Die Welt ist eben doch ein Dorf.

 

Dann schlenderten wir durch die Altstadt, sahen viele teure Geschäfte und Restaurants, schrieben ein paar Postkarten und steuerten auf den Hauptbahnhof zu. Dahinter liegen die zentralen Markthallen. Auf dem Weg dahin begegneten uns einige Katzenfiguren. Riga scheint die Stadt der Katzen zu sein, während wir ja schon Ventspils als Stadt der Kühe entdeckt hatten.

 

Rigas Markthallen sind einen Abstecher wert. Die vier großen Hallen erinnerten mich mit ihren Stahlkonstruktionen und den hohen Fenstern an den Stirnseiten an die Eingangshallen des Hauptbahnhofes meiner Heimatstadt Leipzig.

 

In einer Halle gibt es dort fast ausschließlich Fleisch- und Wurstwaren, in einer zweiten Fisch in sämtlichen Variationen, in einer dritten alles aus Milch und Mehl (Käse, Brote, Gebäck, etc.). Die vierte Halle wurde gerade saniert.

 

Rings um die Hallen zieht sich der Markt täglich ins Freie. Hunderte von Ständen mit Obst, Gemüse, Kleidern, Mützen, gestrickten Sachen, Brillen, Sonnenbrillen und so weiter. Hier findet man wahrscheinlich alles, was das Herz oder der Magen begehren. Und wer die Atmosphäre mag, kann hier sogar für vier Euro pro Nacht in einem Hostel übernachten.

 

Die Verkäufer sind größtenteils geschäftliche Händler, doch auch einzelne Personen, die ihre selbstgepflückten Blaubeeren verkaufen oder ihr selbst angebautes Gemüse sieht man da. Natürlich auch den Panflötenmann, der seine bunden Armbänder verkauft und natürlich gibt es auch hier einige zwielichtige Bars, wie es sich für ein großstädtisches Bahnhofsviertel wohl gehört.

 

Auf jeden Fall rauscht einem hier das bunte Treiben Rigas um die Ohren. Zug- und Busreisende treffen sich hier, dazu Lieferanten, Händler, Kunden, Taxifahrer, Bettler, Touristen und jede Menge weiterer Leute.

 

Wir kaufen Fisch (Lachs, Makrele), Obst (Aprikosen) und Gemüse (Tomaten). Dann spazieren wir zurück durch die Altstadt, finden uns auf den Punkt an unserem Auto wieder, vertilgen den ersten Fisch und brausen durch den Feierabendverkehr aus der Stadt Richtung Jelgava.

 

10.08.2017

 

Auf der Suche nach einem ruhigen Schlafplatz landen wir eher zufällig im Engures Nationalpark. Hier fühlen sich neben diversen Vogalarten, ausgewilderten Ponys (Koniks) und verschiedenen wildlebenden Rindern vor allem Mücken und andere deutlich größere blutsaugende Insekten wohl.

 

Am nächsten morgen kommt sogar ein Mitglied der Olgafamilie vorbei.

 

Wir machen uns langsam auf den Weg in Richtung Riga.

 

09.08.2017

Heute stand Olgas Auspuff ganz oben auf der Prioritätenliste.

Die erste Werkstatt in Roja hatten wir auch schnell gefunden. Mit dem Auspuff in der Hand war das Problem auch recht einfach zu erklären. Leider hatte diese Werkstatt keine Grube, und die Hebebühne schaffte keine "Feuerwehri". Der sehr nette Werkstattinhaber hat uns dann auf seinem Computer mit Google maps die Wege zur Konkurrenz erklärt.

In der zweiten Werkstatt war zwar eine Grube vorhanden, aber scheinbar nur ein Mechaniker. Der zeigte nur auf die vielen Autos vor seinem Tor und auf die Stelle wo bei den meisten Menschen die Armbanduhr sitzt - naja, damit hatte sich das auch erledigt.

Die dritte Werkstatt war im Keller eines Wohnhauses und wurde von einem dicken Beagle bewacht. Auch diese Werkstatt war leider nichts für große Autos, aber der Inhaber hat uns einen Plan gezeichnet, wie wir zur nächsten Werkstatt kommen - das war leider die, in der wir vorher waren. Aber das haben wir ihm nicht verraten.

Also auf nach Rude, der vierten Option. Hier war schonmal weniger los und ein bisschen größer sah die Werkstatthalle auch aus. Kurzer Blick vom Chef auf den Auspuff und die Olga - ok!

Also Olga samt Hunden in die Halle, und eine gute halbe Stunde später durften wir sie schon wieder abholen.

Für 15Euro haben wir jetzt wieder einen zusammenhängenden Auspuff!

 

08.08.2017

Weiter gehts entlang der lettischen Ostseeküste. Wir füllen in Ventspils unsere Vorräte aus. Warum in dieser Hafenstadt Kühe verehrt werden, hat sich uns nicht erschlossen. Aber es gibt Denkmäler mit goldenen Kühen, Beete in Kuhform und Kinderspielplätze mit Plastikkühen. Hier fanden wohl schon olmpische Winterspiele statt, aber auch das erklärt den durchaus sympathischen Hang zum Kuh-Kult nicht.

Unser Schlafplätzchen finden wir danach in Ovisi unter dem ältesten Leuchtturm Lettlands. Tolle breite Strände und weniger heftige Wellen erwarten uns an diesem Küstenabschnitt.

Am nächsten morgen wird der Leuchtturm extra für uns aufgeschlossen, sodass wir den Blick über die Küste genießen können. Danach gehts weiter zum Kap Kolka, dem nördlichsten Punkt Lettlands. Hier treffen die Strömungen der Ostsee auf die der Rigaer Bucht. Gandalf und Nella dürfen heute unsere Touri-Begleithunde sein.

 

Vor der Weiterfahrt nach Gipka bringt der prüfende Blick unter die Olga schlechte Neuigkeiten. Das letzte Drittel des Auspuffs ist durchgerostet, hat sich glücklicherweise verkeilt und wird nurnoch von einer Schelle gehalten. Um es nicht zu verlieren, schrauben wir es ab. Also steht Werkstattsuche auf dem Programm. Gemeinsam mit Google und der "Frau von der Tankstelle" finden wir heraus, dass erst im ca 35km entfernten Roja eine Werkstatt ist. Also suchen wir uns auf halbem Weg einen Schlafplatz.

Dieser ist ein Parkplatz mit direktem Ostseeblick und schönem Strand. Ohne Olgas Leiden im Hinterkopf wäre es sogar entspannt gewesen ;) Aber wir werden mit einem traumhaften Sonnenuntergang abgelenkt.

06.08.2017

 

Die Mitgliedschaft der baltischen Länder in der Europäischen Union ermöglicht es, dass man die Ländergrenzen bei der Überfahrt kaum bemerkt. Würden nicht ein paar Grenzgebäuderuinen und ein paar Hinweisschilder existieren, wüsste man kaum, wann man sich noch im einen und wann schon im nächsten Land bewegt.

 

Als wir die Grenze zwischen Litauen und Lettland passieren, ändert sich nicht mal der Straßenbelag. Zwei Schilder und vorbei.

 

Wir fragten uns, ob Lettland anders aussehen würde, als sein Nachbar Litauen. Auf den ersten Blick ist dem nicht so. Aber dann fällt es einem doch auf. All dies, was es in Litauen schon kaum gab, dass scheint es hier noch weniger zu geben. Weniger Tankstellen, weniger Menschen, weniger Straßenverkehr.

 

Also an der nächstbesten Tankstelle erstmal Olgas Tank und den Ersatzkanister erstmals randvoll gefüllt. Das Super-Benzin kostet hier, wie in Litauen, etwa 1,08 Euro. Ach ja, auch in Lettland, sowie in Estland zahlt man mit Euro. Kein lästiges Geldwechseln und ewiges umrechnen. Auch das ein Vorteil der EU.

 

Die erste größere Stadt erreichen wir mit Liepaja. Eine Stadt direkt an der Ostsee, eine Hafenstadt mit dem Charme des Arbeitermilieus. Im Konzerthaus der Stadt spielt eines der bekanntesten Sinfonieorchester Lettlands. Wir bemerken als Unterschied zu Litauen, dass in dieser Stadt wieder zweisprachig ausgeschildert und informiert wird. Alle Schilder auf Lettisch und Englisch. Auch die Internetauftritte der Stadt und anderer Institutionen sind so gestaltet.

 

Die baltischen Länder haben nach ihrem EU-Beitritt einen guten Zuwachs in den Touristenzahlen zu verzeichnen gehabt. Und die Touristen sind willkommen. Hotels, Hostels, Pensionen, Campingplätze. Alles da.

 

Selbst an den Bankautomaten oder den Selbstbedienungskassen wird der Kunde als allererstes gefragt, ob er den Vorgang in Landessprache, Englisch, Russisch oder Deutsch fortführen möchte.

 

Nach dem nötigen Einkauf im Maxima-Supermarkt, der etwa mit Rewe in Deutschland vergleichbar ist und auch in Litauen Filialen unterhält, suchen wir einen stadtnahen Parkplatz direkt am Strand. Die App „park4night“ hatte uns darauf aufmerksam gemacht und tatsächlich befindet sich dieser Parkplatz direkt am Strand. Man kann dort mit Meeresblick stehen. Wir fühlen uns allerdings nun doch zu sehr in Stadtnähe, das Menschenaufkommen ist definitiv noch zu hoch für uns.

 

Wenige Kilometer weiter finden wir per Smartphone den idealen Parkplatz, direkt hinter den Dünen, mit lärmschützendem Wald Richtung Straße und in ruhiger, abgelegener Lage. Da wir uns noch in der EU befinden und diese vor kurzer Zeit die Roaming-Gebühren abgeschafft hat, ist das Telefonieren und Surfen im Ausland jetzt auch nicht mehr so teuer. Im Gegenteil, man zahlt zu den Konditionen seines heimischen Anbieters.

 

Beim Blick über die Düne können wir es dann kaum glauben. 15 Minuten von Liepaja entfernt haben wir unseren Traumstrand gefunden. Hier können die Hunde alle frei laufen, hier sind wir die Einzigen am Wasser, hier können wir ungestört ohne alles schwimmen gehen, können fast allein parken und außer Wind und Wellen ist hier kein Geräusch zu vernehmen.

 

Am Abend stellt sich noch ein junges, deutsches Pärchen mit seinem grünen VW T3 neben uns.

 

Der 3. August wird regnerisch und wir verbringen ihn fast nur im Auto. In unserem „Wintergarten“ sitzend, blicken wir dem stürmischen Treiben zu. In der Nacht zum 4. August tobt dann ein Gewitter gigantischen Ausmaßes über uns. Eine Weile lang zucken von überall Blitze zum Erdboden und es kracht. Kein Nella-Wetter.

 

Dem Gewitter folgt ein heftiger Sturm, der tagsüber zwar leicht abnimmt aber uns weiterhin den Sand um die Knie wirbelt. Die Sonne scheint wieder und man kann schwimmen gehen. Die Wellen schlagen um uns zusammen und reißen uns fast von den Füßen.

 

01.08.2017

 

Wir stehen immer noch auf dem Strandparkplatz bei Klaipeda. Das Wetter ist wechselhaft. Vormittags bewölkt und am Nachmittag dann warm und sonnig. Christin und die Hunde sind noch platt. Während sie sich ausschlafen, wandere ich am Strand entlang und entdecke kurz hinter dem Nudistenstrandabschnitt einen alten Militärbunker.

 

Aus kleinen Luken im Dach wurden hier einst Kampfflugzeuge abgewehrt. Heute ist dieses Relikt des Weltkrieges verfallen. Keiner braucht es mehr, zum Glück. Und so mahnt es die Strandbesucher allein durch seine Größe und dunkle Ausstrahlung.

 

Verziert mit Graffitti sind die Außenwände mittlerweile zur Outdoorgalerie geworden. Fratzen und Sprüche in verschiedenen Sprachen schmücken den dicken Beton. Heute leben auch die Litauer in der europäischen Union, deren Mitgliedern es seit über 60 Jahren gelungen ist in Frieden miteinander zu leben.

 

 

 

Morgen soll unsere Reise entlang der Ostseeküste weitergehen und wir wollen Lettland erreichen.

 

31.07.2017

 

Zeitig am Morgen, genau 4:15 klingelt unser Wecker. Bereits 5:40 stehen wir mit wenigen anderen an der Fähre zur Halbinsel „Kurische Nehrung“. Die Überfahrt kostet uns mit Wohnmobil 30 Euro für Hin- und Rückfahrt. Weitere 30 Euro zahlen wir am Eingang zum Gebiet des Nationalparks.

 

Am ersten Parkplatz halten wir an und laufen mit den Hunden fast zwei Stunden mutterseelenallein am Strand entlang. Die Dünen sind hier schon hoch, sollen aber im Verlauf der Insel bis über 50 Meter Höhe anteigen.

 

Zu Zeiten der Preußen ließ der preußische König hier das Holz für seine Kriegsflotte abholzen und die Insel wurde komplett abgeforstet. Daraufhin versandete das Gebiet und drohte zu zerfallen. Erst viel später hat man durch gezielte Aufforstung die Insel retten können. Was auch zur Folge hat, dass man die See von der Straße aus nicht mehr sehen kann.

 

Etwa 45 Kilometer fährt man bis zum Ort Nida, hinter dem dann der russische Inselteil beginnt. Die Breite der Insel beträgt dagegen kaum zwei Kilometer.

 

Da dieses Gebiet einst von Deutschland besetzt war, findet man viele deutschsprachige Beschriftungen und auch die Menschen hier sprechen oft auch ein wenig Deutsch. Übernachten im Wohnmobil ist nur auf dem einzigen Campingplatz erlaubt, doch nicht alle halten sich wohl daran.

 

Nach Nida reisten früher auch viele große Namen wie Sigmund Freud und Thomas Mann, der sich hier sogar ein Sommerhaus bauen ließ, in dem er die Sommer von 1930 bis 1932 verbrachte. In den Folgejahren emigrierte die Familie Mann in die USA. Heute ist das Haus als Museum „Thomo Manno“ eine der Attraktionen des Ortes.

 

Viele der Wohnhäuser in Nida und den anderen Inselortschaften sind, typisch Litauen, mit Holz verkleidet und in bunten, kräftigen Farben angepinselt. Erinnert ein wenig an skandinavische Fassaden. Und umgeben ist all dies von riesigen Wanderdünen aus Sand, die sich auch heute noch einige Meter pro Jahr fortbewegen. Die größten der Dünen haben vor etlichen Jahren sogar mehrere Orte komplett unter sich begraben.

 

Auf ausgewiesenen Wegen kann man auf die Sandkolosse steigen und den Ausblick genießen. Ein kurzer Gewitterguss hindert uns nicht daran, auch einen Blick auf diesen riesigen Sandkasten zu werfen.

 

Nach 16 Uhr verlassen wir die Kurische Nehrung wieder und haben erneut einen eindrucksvollen Tag erlebt. Für die Nacht wartet wohl wieder der Strandparkplatz auf uns und vielleicht treffen wir dort auch Paul, einen großen Zottelhund, wieder. Er und seine Menschen (Deutsche, na klar!) haben wir nun schon in Marienburg, am Berg der Kreuze und in Klaipeda getroffen.

 

Morgen erwartet uns dann wohl schon Lettland!

 

29.07.2017

 

Wir starten aus dem Ruhemodus und stürzen uns heute in den Dschungel der einzigen großen Hafenstadt Litauens. Unsere Fahrt dauert keine zwei Stunden und führt heute größtenteils über die zumeist zweispurige Autobahn A11.

 

Litauens „Autobahnen“ A1 bis A18 erinnern über lange Strecken an das, was wir in Deutschland Bundesstraße nennen. Da gibt es dann Ampelkreuzungen, die Autobahn führt auch mal durch einen Ort durch, wird einspurig oder es gehen links und rechts Straßen ab. Abschnittweise gibt es dann jedoch auch Leitplanken, Mittelstreifen und richtige Auffahrten.

 

Kurz vor Klaipeda, es ist mittlerweile 16 Uhr, denn unser Tag begann gemütlich, wagen wir uns dann auf die Strandstraße. Hier funktioniert es so: Gehörst du dazu, das heißt, wohnst du in Strandnähe, darfst du dich auch auf den Seitenstraßen bewegen. Bist du Badegast, warten einige unterschiedlich große Parkplätze auf dich. Dort zahlst du 30 Cent für eine Stunde parken oder 3 Euro für den ganzen Tag. Ab 20 bis 8 Uhr ist dort das parken frei. Diese Information merken wir uns für den späten Abend.

 

Die Strände erreicht man hier durch ein Gewimmel an Hinweisschildern und vor allem Verbotsschildern. Es gibt Strände für Familien, für Frauen, für Männer, für Nackte, für Bewegung und Erholung (ernsthaft!). Hunde sind nicht erlaubt. Es soll zwar eine Hundezone geben, die ist aber auf der Karte nicht ausgezeichnet. Leider!

 

Und ist man dann am Strand angelangt, der übrigens sehr schön ist, darf man keinen Alkohol mitbringen, kein Feuer machen, keinen Müll hinterlassen, sich nicht den viertelstündigen Lautsprecherdurchsagen verweigern, sich nur in den Umkleidekabinen umziehen und es gibt auch Zonen, da darf man nicht schwimmen. Allerdings nimmt keiner den Schilderwald allzu ernst,

 

Geschwommen sind wir trotzdem, bevor wir dann weiter in die Stadt tingelten. Dort war es nicht mehr einfach gegen 19 Uhr einen Parkplatz zu finden, doch wir hatten Glück.

 

Das Festival findet jährlich statt, doch in diesem Jahr ist Klaipeda auch Litauens Kulturhauptstadt und am 1. August feiert man hier traditionell die Ersterwähnung der Stadt vor über 650 Jahren. An den Ufern des Kanals in der Altstadt reihen sich Stände mit Handwerkserzeugnissen, Klamotten und allerlei anderem Kram aneinander. Auch Verkaufsbuden für Speisen gibt es jede Menge, obwohl diese dann meist alle das gleiche anbieten. Die Zahl der Stände ist groß, die Angebote aber ähnlich.

 

Angezogen hatte uns im Programm eigentlich der Hinweis auf mehrere Musikbühnen, doch auch hier ist das Angebot an diesem Abend nicht unser Geschmack. Lediglich zwei Bläserensembles können wir etwas abgewinnen.

 

Ganz zum Schluss, wir wollen das Fest schon wieder verlassen, schauen wir noch einem sehr charmanten russischen Straßenkünstler zu. Er hält uns mit seinen Zauberstücken für kurze Zeit in seinem Bann.

 

Bei Dunkelheit erreichen wir wieder den Strandparkplatz und schlendern auch noch kurz ans Ufer, doch die See ist uns für das Nachtbaden heute bereits zu kalt.

 

29.07.2017

Litauen.

Das dritte Land auf unserer Reise. Mein erster Eindruck: warum sind wir nicht in Polen geblieben?

 

Das Baltikum ist anders. Auf den ersten Blick langweiliger. Die karge eben Landschaft, der trübe Himmel. Der optische Höhepunkt nach 30 Kilometern: eine Bäuerin im roten Pullover.

Das ist gewöhnungsbedürftig. Keiner winkt, wie in Polen. Keiner lächelt, wenn er die Olga sieht.

Zwar hat Litauen eine extrem geringe Bevölkerungsdichte, trotzdem gibt es wenig Möglichkeiten um in dieser Landschaft allein zu sein. Jeder Weg führt zu einem Hof, kaum ein Baum bietet Sichtschutz. Somit tummelt sich alles auf den Parkplätzen. Auch das ist gewöhnungbedürftig.

 

Aber mit jedem Tag, den wir hier verbringen, gefällt es uns ein bisschen besser.

Der Bauer, der mit seinem Pferd im Wald Holz holt, grüßt freundlich. Der Polizist, der uns im Grenzgebiet kontrolliert, bemüht extra seinen Smartphonübersetzer um uns eine gute Reise zu wünschen. Mein erster Eindruck wird revidiert.

 

Und der Berg der Kreuze zieht uns in seinen Bann.

Auf einem Hügel mitten im Nirgendwo stehen über 5000 Kreuze. Kein Zaun, kein Wärter, kein Kassenhäuschen. Zweimal haben die Sowjets all das dem Erdboden gleich gemacht. Zum letzten mal 1975. Doch die Litauer haben sich nicht einschüchtern lassen. So ist die Ansammlung natürlich Ausdruck des Glaubens, aber mindestens genau so Ausdruck des Widerstandes.

Heute stehen dort Kreuze aus aller Welt, täglich kommen neue dazu. Skurril ragen sie in den Himmel. Besonders eindrucksvoll erscheinen die Silhouetten in der Dämmerung.

 

Ab und an brauchen wir alle einen Pausetag.

Dazu suchen wir uns dann ein ruhiges Plätzchen, möglichst mit Wasser und Wiesen.

Wiedereinmal haben wir eins gefunden, auch wenn das in Litauen bisher am schwierigsten ist.

Die Hunde genießen ihre Freiheiten auf den Wiesen und im Fluss und wir die unseren.

 

25.07.2017

Nach zwei gemütlichen Pausetagen an der Weichsel, lag Malbork auf unserem Weg in die Masuren.

Die riesige und beeindruckend schön restaurierte Burganlage ist alleine schon sehenswert. Wir bekamen zufällig auch noch ein Mittelalterspektakel geboten.

Danach gings weiter in die Masuren. Dort empfingen und Dauerregen und Mücken. Aber wir konnten erahnen, dass es dort eigentlich sehr schön sein müsste ;)

Ein wichtiger Wallfahrtsort wurde uns als Ausflugsziel empfohlen, Swieta lipka, "Heilige Linde", heißt das Dorf, in dem sich eine prunkvolle katholische Kirche befindet, welche von Kreuzgängen umgeben ist. Ein ideales Ausflugsziel bei Regen, da trocken und nicht so überlaufen.

Und heute sind wir auch schon kurz vor der Litauischen Grenze und sind gespannt auf ein neues Land!

19.07.2017

 

Was ich vor unserer Reise über die Stadt Gdansk wusste, waren genau zwei Dinge. Erstens ihren deutschen Namen „Danzig“ und zweitens das Halbwissen, der Schriftsteller Günter Grass hätte irgendwas mit dieser Stadt zu tun gehabt.

 

Nach einer erstaunlich ruhigen Nacht auf dem kostenfreien Friedhofsparkplatz von Gdynia und einer Gassirunde über den „Gdynia-Hill“ (der heißt wirklich so!) beginnt unsere Anfahrt auf Danzig. Natürlich nicht, ohne zuvor noch höchst verdeckt unsere Wasservorräte zwischen den Gräbern und Gieskannen am Friedhofswasserhahn aufzufüllen. Die von mir so getaufte „Straße des Todes“, an der sich Bestatter, Steinmetze und Grabschmuckverkäufer aneinanderreihen, bringt uns wieder zurück ins Verkehrsdickicht.

Die nächsten 25 Minuten ziehen Konsumtempel in unterschiedlichster Größe und Ausstattung an uns vorbei. Das Angebot ist wohl umfassend. Die zwei- bis dreispurige Magistrale ist gesäumt von Autohäusern, Klamottenläden, Schuhgeschäften, Fastfoodketten, Elektronikmärkten und so weiter. Die Kundenparkplätze sind überall rappelvoll.

Auch die Infrastruktur ist entsprechend mit guten Straßen, Radwegen und den üblichen Fußgängerüberwegen ausgebaut. Handel, Schifffahrt, Tourismus und Industrie bringen offenbar flüssiges Geld in die Gegend.

 

In Gdansk wagen wir dann die Einfahrt in Zentrumsnähe und finden direkt gegenüber eines Hostels unter einem Baum ein halbschattiges, gebührenpflichtiges Parkplätzchen. Das Kleingeld reicht für knappe drei Stunden Stadtbesichtigung, was sich im Nachhinein als vollkommen ausreichend herausstellt.

Gleich zu Beginn entdecken wir den Museumsbau des „Muzeum II Wojny Swiatowej“. Ein orange-roter Kubus mit Stein und Glas verkleidet, der sich kantig und schräg aus dem Erdboden erhebt. Darin befindet sich seit der Fertigstellung im März 2017 das Museum des Zweiten Weltkrieges und die 5000qm Ausstellungsfläche breiten sich hauptsächlich auf den unterirdischen Stockwerken aus.

 

Danach besichtigen wir einige Uferpromenaden und Gassen der Altstadt. Große Teile der historischen Bebauung sind während des Zweiten Weltkrieges zerstört und in den letzten Jahrzehnten nachgebaut worden. Beim Mitschwimmen im Touristenstrudel kann man ab und zu auch einen kurzzeitig ungestörten Blick auf die bunten Fassaden erhaschen.

Eine Fülle an Restaurants und Souvenirshops ergießt sich über den Leuten. An jeder Ecke wird Bernsteinschmuck feilgeboten.

Uns ist es irgendwann zu viel und als wir schon den Rückweg antreten wollten, stolpern wir über die Markthallen, vor denen reichlich Obst und Gemüse in den Auslagen liegt. Im Innenraum kann man zudem Fleisch, Fisch, Backwaren, Süßigkeiten, Klamotten und allerhand anderes zu günstigen Preisen erstehen. Also decken wir uns noch rasch mit dem Nötigsten an Obst, Gemüse und Fisch ein.

 

Die Kommunikation beim Einkaufen an einer Theke wird möglich mit den wenigen Brocken Polnisch, die ich schon sagen kann, den wenigen Brocken Deutsch, welche die Verkäuferin beherrscht und den weltweit gängigen Gesten der Verständigung.

Genauso auf der Post, unserer letzten Station, wo wir Postkarten und Briefmarken kaufen, gleich ausfüllen, aufkleben und abschicken.

 

An unserer Olga zurückgekehrt, verspeisen wir gleich den mitgebrachten Fisch, wobei wir leider nur den Namen der Makrele (er)kennen. Worum es sich bei dem zweiten, sehr köstlichen Räucherfisch handelt, können wir leider nicht rekonstruieren. Die Bezeichnung auf dem Verkaufsschild ist uns auch entfallen.

 

Für die Nacht finden wir dann, kaum eine Stunde von Danzig entfernt, an der Weichsel einen guten Platz. Am Abend gibtes hier noch ein sehr einseitiges Gespräch mit einem Bauern, der, auf dem Weg zu seinen Kühen, bei uns hält, mir die Hand reicht und allerlei Dinge erzählt, die ich aber leider nicht verstehen kann. Zum Schluss bietet er noch frische Milch an und fährt dann weiter.

18.07.2017

Zur Vorbereitung auf Gdansk (Danzig) hatten wir uns Gdynia als Standort ausgesucht. Die Stadt liegt etwa 30 Minuten vom Gdansker Stadtzentrum entfernt und bietet so die optimale Entfernung, um am nächsten Morgen einigermaßen zeitig in Gdansk zu sein.

Nachdem wir bei McDonalds zwei Stunden WLAN genutzt haben und nun ausführlich für den nächsten Tag gerüstet sind, bleibt immer noch ein wenig Zeit zum vertreiben.

 

Ziemlich genau zwischen Fracht- und Passagierhafen von Gdynia finden wir einen kostenfreien, schattigen Parkplatz vor einem IT-Unternehmen und der städtischen Feuerwehr. Quasi genau unser Revier.

Mit Nella und Wenzel entern wir zunächst den Frachthafen, betrachten das Emmigrations-Museum von außen und wundern uns, dass dieser Hafenteil fast menschenleer erscheint. Auf riesigen Arealen und in sehr hohen Speichergebäuden wird mit ziemlich großem Gerät gearbeitet. Nella sind die enorm laut vorbeidonnernden Frachtlastwagen nicht ganz geheuer.

 

Nach etwa einer Stunde dann der Wechsel in den Passagierhafen. Dort tobt das Touristenherz. Imbissbuden, Ausflugsschiffe und ein Freizeitpark dominieren das Geschehen.

Über allem ragt der Gdynia-Sea-Tower. Ein monumentales Hochhaus mit spiegelnder Glasfassade direkt am Ufer. Passanten, Schiffe und die See spiegeln sich in den Scheiben des Turmes. Im Inneren befinden sich Appartments, Büros, Arztpraxen und sicher einiges verborgene mehr.

 

Gegensätzlicher könnten diese beiden Hafengebiete kaum sein. Auf der einen Seite der rauhe, manchmal stinkende, manchmal dreckige Frachthafen, dem man anmerkt, dass hier gearbeitet wird.

 

Und auf der anderen Seite die pastellfarbene Glitzerwelt des Tourismus, in der die Kinder auf flauschigen Einhörner an der Kaimauer entlanghüpfen, die Piratenschiffe zum kleinen Seegang einladen und die Haltbarkeit der erworbenen Souvenirs höchstens der Lebensdauer einer Seifenblase entsprechen.

Für ein paar Zloty darf man übrigens auch 15 Minuten lang selber Seifenblasen erzeugen, die dann im Geschrei der Möwen zerplatzen.

 

Keine 15 Minuten vom Hafen finden wir unseren Platz für die Nacht. Auf der Karte entdeckten wir, dass der Friedhofsparkplatz von Gdynia eigentlich zum ganz entspannten Übernachten einladen könnte. Zum Abendessen gibt es zur Vorspeise eine Käsepizza vom örtlichen Bäckereigeschäft, anschließend angebratene Piroggen mit Hüttenkäse gefüllt und dazu einen Tomate-Gurke-Salat mit Joghurtdressing.

 

17.07.2017

 

Heute besuchen wir einen Nationalpark direkt an der Ostseeküste. Über enge Straßen nähern wir uns dem Ort Leba an der östlichen Grenze des Parkgebietes. Seit 1967 wird dort ein etwa 35 Kilometer langer Küstenabschnitt geschützt. Auf über 16.000 Hektar Fläche sollen breite Strände, sandige Wanderdünen, Wald und ein großer Küstensee bewahrt bleiben.

 

Der Ort Leba ist ein reiner Touristenort. Am Ende der Straße, kurz vor dem Parkeingang liegt der letzte und natürlich gebührenpflichtige Parklatz. Dort stellen wir Olga ab und wandern zwei Stunden durch die Wälder. Auch der Eintritt in das Naturschutzareal ist gebührenpflichtig. Am Strand sind Hunde leider nicht erlaubt, also bleiben wir mit Wenzel und Mila auf den Waldwegen.

 

Etwas skurril mutet die Situation dann schon an, als wir dem Wanderweg folgen und uns fragen, wohin die ganzen anderen Leute eigentlich laufen. Mit Rucksäcken bepackt stiefeln sie zügig einem Ziel entgegen, was uns nicht ganz erkennbar wird. In Erinnerung bleiben die Wanderdünen aufgrund ihrer bloßen Ausmaße.

 

Zur Touristenbeförderung ist man hier und auch in anderen Gegenden Polens auf Elektrofahrzeuge umgestiegen. Diese sind nach allen Seiten offen, haben ein Dach und können auf Sitzbänken etwa zehn Personen transportieren. Und natürlich ist auch dieser Shuttleservice nicht kostenfrei.

 

Dieser Nationalpark ist einer von 23 auf dem gesamten polnischen Gebiet und bietet seinen Besuchern ein kleines Stück nahezu unberührter Natur. Ein schöne Sache!

 

Auf dem Rückweg lässt uns dann netterweise ein Parkplatzwächter fünf Minuten parken ohne zu zahlen, denn wir wollen nur kurz auf der anderen Seite Geld abheben. Unsere letzten Zloty sind für die Parkgebühr und den Eintrittspreis weggegangen.

 

Nach Einkauf, Friedhofswasserversorgung und Windparksuche, liegt unser Nachtplatz wieder fern ab zwischen den Feldern.

 

16.07.2017

 

Die erste Woche unterwegs – eine kleine Zusammenfassung

 

Zwei Länder, eine Fährfahrt, 838km, 115l Benzin. Das sind 13,75 l/100km, für alle die es ganz genau wissen wollen.

400Wh Sonennenergie speichert unser Yeti, auch das reicht uns locker eine Woche für Handy, Laptop und Kameras. An einem sonnigen Tag ist das Teil in 8 Stunden wieder aufgeladen - sagt der Hersteller. Und das stimmt sogar!

Unsere Lampe hat ein eigenes Solarmodul. So sind wir komplett unanbhängig von der Autobatterie und haben trotzdem Strom. Grünen Strom!

 

Und der Kühlschrank?

Haben wir nicht. Haben wir auch noch nicht vermisst. Klingt komisch, ist aber so.

 

Und die Feuerwehr?

Fährt. Ganz brav. Mehr gibt’s da gerade nicht zu sagen. Zum Glück!

 

Und die Hunde?

Findens cool! Sind immer mit uns zusammen, außer wir nehmen uns mal einen halben Tag Touri-Programm vor. Dann bewachen sie das Auto. Dank diversen ausgetütelten Lüftungsöffnungen bleibts im Schatten sehr erträglich in der Olga.

 

Zur Zeit sind wir zwischen Kolberg und Danzig unterwegs.

14.07.2017

Ostsee! Sonne, Strand, Meer.

Aber der Reihe nach.

 

Zuerst gabs noch ein paar Pausetage auf der Mecklenburger Seenplatte.

Felder, Wiesen, sonst nichts. Und Regen. Viel Regen.

Bei einer netten Pastorenfamilie holten wir eine Harfe ab, die nun mit uns nach Lettland zu ihrer eigentlichen Besitzerin reist. Klassische win-win Situation, jetzt kann ich wieder Harfe spielen! Zumindest bis nach Lettland.

Dann gings weiter nach Usedom, mit der Fähre über die Swine und nun entlang der polischen Ostseeküste.

Die zwischen den Ferienorten gelegnen Strandabschnitte sind schön leer und hundetauglich, trotz Ferienzeit und Strandwetter. So stellt sich zwangsweise ein gemütliches Urlaubsgefühl ein - es gibt schlimmeres.

 

 

10.07.2017

 

Und was ist euer erstes Ziel? Zollbrücke! Aha.

Zu klein, um auf unserem Europaatlas verzeichnet zu sein, liegt Zollbrücke im Oderbruch, direkt an der Polnischen Grenze. Das Örtchen an sich hat neben einem wunderbaren Ziegenhof mit Hofladen (Eis aus Ziegenmilch, schmeckt viel besser als es klingt!) eigentlich nicht viel zu bieten.

Wäre da nicht das „Theater am Rand“. Die Daten und Fakten zu diesem besonderen Schauspielhaus lassen sich nachlesen, nur soviel: Wer den grandiosen Musiker Tobias Morgenstern schätzt und auf ehrliches „Provinztheater“ steht, der ist hier genau richtig.

Das Stück ist fast egal, wenn die Wandplanen der Bühne hochgerollt werden, und die Wiesen des Oderbruchs das Bühnenbild bilden.

Ganz unbedingt Empfehlung!

 

Nebenbei richten wir uns häuslich ein in der Olga. Unser erster Nachtplatz erwartete uns mit einem doppelten Regenbogen. Wenn das kein gutes Zeichen ist! Die Hunde sind zufrieden und geschafft von all den wechselnden neuen Eindrücken. Morgen geht es dann über die Grenze nach Polen, weiter in Richtung Ostsee.

 

Ps: Unser Schutzengel, der heilige Florian, hängt mit Blick voraus an der Frontscheibe und leistet gute Arbeit. Ich hoffe er hält tapfer durch, er wirds bestimmt nicht immer leicht haben mit uns.

 

08.07.2017

Wir starten!

Trotz Ölwechselbruchfolgen und nervenaufreibender Ersatzteilsuche bis zur letzten Minuten.

Alles hat geklappt, es kann losgehen...

Es geht los!

07.06.2017

Vom Verreisen und Vorreisen und Nachreisen

 

Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen....

Und zwar nicht nur danach, sondern sogar vorher schon.

 

Zur Zeit genießen wir die „Vorwirkung“ unserer Reise. Pläne schmieden und verwerfen. Olga reisefertig machen.

Außerdem nutzen wir unseren Aufbruch als Anlass, um so viele wie möglich uns wichtigen Menschen zu besuchen oder zu uns einzuladen. Zu selten nehmen wir uns sonst Zeit dazu, sind sie doch in ganz Deutschland verstreut.

 

Also sind wir auf „Vorreisen“.

Schön ist es bei der Ankunft zu sehen, wie Olgas Anblick verzaubert. Diese Mischung aus ungläubigem Kopfschütteln, begeisterten Grinsen und herzlichem Interesse.

Die Gespräche sind Geschenke. Wir wären selbst nicht auf die Idee gekommen, dass wir uns wohl gerade auf die Suche nach einem neuen Lebensort im Ausland machen. Vielleicht kennen uns die Freunde besser als wir, die uns mit den Worten verabschieden „und kommt mir auch wirklich zurück!“

Immer wieder hören wir von ähnlichen Ideen, die bisher nicht verwirklicht wurden. Ein bisschen wehmütig klingt das dann oft. Ein bisschen nach verpasste Chance.

Mal schauen, wie sich das in vier Wochen anfühlt, bis jetzt bin ich einfach nur froh über den Entschluss unsere Chance nicht zu verpassen.

 

Natürlich gibt es auch einiges zu organisieren, wenn man einen Lebensstandort auflöst.

Doch da wir die tollsten Freunde der Welt haben, ergibt sich alles wie von selbst viel besser, als man es planen könnte.

Pfingstsonntag mal eben ein „Olgacheck“ in der Werkstatt mit detailierter Ersatzteilkaufanleitung. Einen Platz in einer Voliere für sieben Wachteln. Ein Zuhause auf Zeit für eine Kornnatter. Hühner, Schildkröten, Wellensittich. Bücherkisten über Bücherkisten. Umzugshelfer, Freitags, in einem kleinen Dorf kurz vor dem Ende der Welt. Alles kein Problem.

Alles, was unser kleines Häuschen bisher gefüllt hat, wartet trocken gelagert auf unsere Rückkehr.

Wie gut, auf eine Familie mit großem Keller zählen zu können.

 

Ohne euch wäre das alles nur halb so schön.

Wir freuen uns jetzt schon auf die Reisen nach der Reise.

Schließlich gibt es dann wieder viel zu erzählen.